
Unser aktuelles Projekt
- ARFID-Diagnose -
„Die bewegende Geschichte des
kleinen Kämpfers Marvin“
Liebe Leserinnen und Leser,
Mein Name ist Tanja und ich bin Mutter eines wunderbaren 4-jährigen Sohnes, Marvin, über den ich euch heute erzählen möchte.
Marvin kam gesund zur Welt, auch wenn er per Notkaiserschnitt geholt werden musste. Wir waren überglücklich, ihn endlich in den Armen halten zu dürfen. Doch als Marvin zwei Jahre alt wurde, traten die ersten Herausforderungen auf. Er aß weniger und anders als andere Kinder, und man sagte uns, dass sich das nach dem Abstillen und mit dem Kindergartenbesuch bessern würde.
Außerdem hatten wir den Verdacht, dass Marvin schlecht hört, aber Arztbesuche waren schwierig, da er große Angst hatte. Der HNO-Arzt verwies uns schließlich an das AKH, wo endlich alle notwendigen Untersuchungen durchgeführt werden konnten. Dabei stellte sich heraus, dass Marvin auf beiden Ohren fast taub war, bedingt durch Paukenergüsse. Zum Glück schlug die medikamentöse Behandlung gut an, und eine Operation konnte vermieden werden. Heute hört Marvin gut, doch die gesundheitlichen Herausforderungen gingen weit über das Hören hinaus.
Aufgrund seines Schielens gingen wir regelmäßig zur Kontrolle zum Augenarzt. Uns wurde immer wieder gesagt, das würde sich mit der Zeit von selbst geben. Doch bei der letzten Untersuchung konnte Marvin kaum untersucht werden, und so wurden wir erneut an das AKH überwiesen. Dort stellte sich schließlich heraus, dass Marvin auf dem rechten Auge blind ist und einen Katarrh (Entzündung der Schleimhäute) hatte, der dringend operiert werden musste.
Diese Diagnose war für mich ein Schock – wie konnte mein kleiner Schatz so viele gesundheitliche Probleme haben? Einen Monat nach seinem dritten Geburtstag wurde Marvin erfolgreich operiert und erhielt eine Kunstlinse. Aktuell bleibt er auf dem rechten Auge weiterhin blind. Die Ärzte empfehlen eine Therapie, bei der sein gesundes Auge täglich für vier Stunden mit einem Pflaster abgedeckt wird, damit das blinde Auge das Sehen erlernen kann. Doch da Marvin dann fast nichts mehr sieht, ist es schwierig, diese Therapie umzusetzen. So geben wir die Hoffnung nicht auf und versuchen es immer wieder – bis zu seinem siebten Lebensjahr besteht die Chance, dass sich seine Sehkraft mit der Therapie verbessern könnte.
Marvin wurde mit zwei Jahren in die Krabbelstube eingewöhnt. Die Eingewöhnung fiel schwer, im Nachhinein verständlich, da er auf einem Auge blind war und kaum gehört wurde. Auf Empfehlung suchten wir schließlich ein Zentrum für Entwicklungsdiagnostik auf. Marvin erhielt die Diagnose einer Sprach- und allgemeinen Entwicklungsverzögerung, bedingt durch seine Hörschwäche.
Somit erhielt Marvin wöchentlich heilpädagogische Unterstützung, die ihm sehr gutgetan hat und inzwischen abgeschlossen ist, da er große Fortschritte gemacht hat. Leider sind die Wartelisten für eine logopädische Therapie auf Krankenkasse extrem lang, und wir warten bereits seit zwei Jahren auf einen Platz. Selbst privat konnten wir erst im Juni dieses Jahres eine Therapie beginnen. Umso erstaunlicher ist es, wie Marvin sprachlich dennoch aufgeholt hat – seine Logopädin war beeindruckt, wie weit er ohne regelmäßige Therapie gekommen ist.
Inzwischen sind wir beim zweiten Therapieblock angelangt, und Marvin macht weiterhin großartige Fortschritte. Viele Herausforderungen konnten wir bereits gemeinsam meistern, und Marvin ist jetzt in der großen Kindergartengruppe eines Integrationskindergartens sehr gut aufgehoben. Er ist dort wunderbar integriert und fühlt sich so wohl, dass er am liebsten auch am Wochenende in den Kindergarten gehen würde.
Leider hat sich Marvins Essproblematik nicht gebessert, sondern sogar verschlimmert. Etwa mit eineinhalb Jahren begann sein selektives Essverhalten. Bis dahin hatte er noch eine breite Auswahl an Lebensmitteln gegessen, von Hipp-Gläschen über Gebäck und Nudeln bis zu Maistangen. Obst und Gemüse pur mochte er jedoch schon damals nicht.
Im Laufe der Zeit wurde seine Auswahl immer eingeschränkter. Es gibt also zeitweise nur noch eine bestimmte Sorte Marmorgugelhupf einer bestimmten Marke – sogar die Stücke mussten perfekt geschnitten sein, damit er sie akzeptierte. Eine andere Phase lang wollte er ausschließlich Chicken Popcorn, die ich ihm täglich holen musste, weil er sonst nichts anderes anrührte. Marvin empfindet viele Konsistenzen, wie zum Beispiel die von Bananen oder Wurst, als unangenehm oder abstoßend.
Heute isst er kaum noch Grundnahrungsmittel: kein Brot, kein Gebäck, keine Kartoffeln, kein Obst und Gemüse, keine Wurst. Nudeln werden nur in einer bestimmten Form akzeptiert, außerdem ist es Hühnerfleisch und manchmal Faschiertes in Form von Bolognese. Eine Weile lang ist es eine bestimmte Sorte Quetschie, aber auch das inzwischen nicht mehr. Wenn ich ihm Wurst anbiete, lehnte er sie sofort ab, und bei zusätzlichem Drängen würde er in Panik geraten, den Mund verschließen und flüchten.
Zurzeit beschränkte sich seine Ernährung auf drei Dinge: eine bestimmte Sorte Marmorgugelhupf, Spaghetti Bolognese (ausschließlich mit Hohlnudeln) und Chicken Popcorn, die wie Chicken-Nuggets in Bällchenform sind. Hin und wieder ist es etwas Schokolade und die Paprika-Snacks „Jumpys“. Aufgrund dieser sehr einseitigen Ernährung leidet Marvin häufig unter Verstopfung, weshalb ich ihm regelmäßig etwas dagegen geben muss.
In der Krabbelstube hat Marvin die ersten anderthalb Jahre gar nichts gegessen, sodass ich ihn direkt in der Garderobe stillen musste, weil er so hungrig war. Nach und nach schafften wir es jedoch, dass er zumindest seinen Kuchen dort aß.
Es macht mich traurig, dass er eigentlich großes Interesse am Essen zeigt und sich freut, wenn es Mahlzeiten gibt. Doch sobald das Essen nicht genau seinen Vorstellungen entspricht, verliert er das Interesse, geht wieder und verlangt stattdessen nach ‚seinem Fleisch mit Nudeln‘ – wie er seine Spaghetti Bolognese nennt. Im Kindergarten isst er dafür weiterhin seinen Kuchen.
In diesem Jahr hat Marvin mit vier Jahren zum ersten Mal Eis probiert und liebt es – für uns war es ein kleines Wunder, dass er es jetzt so gerne isst.
Bei Marvin wurde ARFID (frühkindliche Essstörung) entdeckt, eine Krankheit, die erst vor wenigen Monaten weltweit anerkannt wurde und für die es leider noch kaum Fachpersonal gibt. Zwei Jahre lang suchten wir vergeblich nach Hilfe. Uns wurde geraten, abzustillen und ihn zum Essen zu zwingen – Ratschläge, die uns auch von Ärzten und Logopäden nahe gelegt wurden. Doch mein Mutterherz wusste, dass dies der falsche Weg war. Hätte ich Marvin nicht weiter gestillt, wäre er vermutlich unterernährt gewesen.
Nach vielen Stunden intensiver Recherche im Internet stieß ich auf ARFID und fand schließlich eine Facebook-Gruppe, in der ich von unseren Erfahrungen erzählte. Dort empfahl mir eine andere Mutter eine Logopädin, die auf frühkindliche Essstörungen spezialisiert ist, und verwies mich außerdem an den Verein „Train to Eat“, der ebenfalls auf dieses Thema spezialisiert ist. Dieser Mutter bin ich zutiefst dankbar, denn endlich fanden wir die Unterstützung, die Marvin brauchte.
Seitdem sind wir wöchentlich bei der Logopädin in Behandlung, und Marvin macht Fortschritte. Er zeigt immer mehr Interesse an verschiedenen Lebensmitteln und probiert jetzt sogar ab und zu Neues aus.
Wir setzen große Hoffnung in die Intensivtherapietage bei „Train to Eat“, bei denen unsere Logopädin gemeinsam mit einem vielseitigen Team von Therapeuten – darunter Experten für Ernährungsberatung, Ergotherapie, Psychologie, Physiotherapie und Kinderheilkunde – an Marvins Seite sein wird. Wir hoffen, dass diese Therapie Marvin dabei helfen kann, seine Angst und seinen Ekel vor Lebensmitteln schrittweise abzubauen, und dass wir die Fortschritte auch nach den Therapietagen mit unserer Logopädin weiter vertiefen können.
Da es noch ein langer Weg ist, bis Marvin vielleicht einmal „normal“ essen kann, ist die professionelle Unterstützung durch „Train to Eat“ von unschätzbarem Wert. Wir hoffen von Herzen, dass diese Therapie ihm nicht nur jetzt, sondern auch auf seinem weiteren Lebensweg helfen kann.
Jede Unterstützung ist uns dabei eine große Hilfe. Die Kosten für die Therapie bei „Train to Eat“ sind leider hoch, und wir schaffen es als Familie nicht allein. Mit eurer Hilfe könnten wir Marvin die Chance geben, seine Ängste zu überwinden und neue Lebensmittel zu akzeptieren – eine Veränderung, die ihm lebenslang zugutekäme. Jeder Beitrag, egal in welcher Höhe, bringt uns diesem Ziel ein Stück näher und hilft Marvin, ein gesundes und freudvolles Verhältnis zum Essen aufzubauen. Wir danken euch von Herzen für jede Spende und jede Unterstützung auf diesem Weg.
Mit herzlichen Grüßen
Tanja





